Ein kurzer Smalltalk vorab, und dann geht es zur Sache: „Deine Leistung ist gut, keine Frage, die Zahlen stimmen, aber über ein Thema müssen wir reden. Die meisten deiner Dokumentationen, die Protokolle deiner Termine und Telefonate, fehlen oder weisen große Lücken auf.“ So kann ein Konfliktgespräch einer Führungskraft mit einem Vertriebsmitarbeiter beginnen.
Wer jetzt denkt: „Oh, in diesen Gesprächen geht es frostig zu, das klingt nach Eiszeit“, der irrt. Es herrscht von Anfang an Klarheit. Die positive Haltung und eine sachliche Tonlage sind natürlich Grundvoraussetzung.
Die Führungskräfte eines IT-Unternehmens, geprägt von einem gelebtem Wertesystem, wünschten sich einen Workshop „Umgang mit Konflikten.“ Nicht theoretisch, sehr praktisch. Einen Tag lang Zweiergespräche zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, aufgezeichnet von der Kamera, mit anschließendem Feedback von vier Kolleginnen/Kollegen und mir.
Die Führungskräfte, deren Blick auf einen respektvollen Umgang, Hilfsbereitschaft gerichtet ist, darauf, anderen zuzuhören, die Bedürfnisse der anderen zu erkennen und zu verstehen, Kompromisse zu schließen, tun sich schwer, wenn es um Konflikte ohne viel Spielraum geht. Die weitverbreitete Feststellung: „Wir sind zu soft!“
Aktuell müssen sie allen Mitarbeitern vermitteln, dass jeder mindestens einmal in der Woche vor Ort im Büro sein muss. Viele Kollegen wollen aber weiterhin fünf Tage im Home-Office bleiben, das hat ja auch wunderbar geklappt. Wie führt man nun solch ein Gespräch?
Es war gut, die Theorie zu Beginn wegzulassen. Die Führungskräfte sind direkt in die Rollenspiele gegangen. Ein internes kleines Team hatte vorab die passenden Fallbeschreibungen für jede Abteilung entwickelt – sehr nah am Arbeitsalltag angelehnt, dennoch fiktiv.
Die wichtigste Erfahrung war: Wer mit viel Anerkennung für den Mitarbeiter beginnt, erstmal deutlich hervorhebt, was alles richtig gut läuft, kriegt anschließend die Kurve nicht mehr. Man konnte sehen, wie der Mitarbeiter im Rollenspiel immer größer wurde, sich mehr und mehr bestätigt fühlte, am Ende sogar noch mit der Forderung einer Gehaltserhöhung ums Eck kam. Jeder im Raum hat gespürt, wie es der Führungskraft entgleitet, den eigentlichen Konflikt anzusprechen, geschweige denn zu lösen. Denn ein Konflikt gehört immer gleich zu Beginn auf den Tisch.
Manche Mitarbeiter versuchen im Gespräch auch das heikle Thema zu umschiffen, und bringen andere Themen mit ins Spiel. Auch da folgt die klare Reaktion der Führungskraft: „Darüber können wir gerne ein anderes Mal reden, im Moment geht es um …“ Bestimmt, sachlich, wertschätzend, wohlwollend. Ein Tag in der Woche im Büro ist nicht verhandelbar!
Die Workshops lebten von beidem, von der Erfahrung, wie solch ein Gespräch sich festfahren kann, der Mitarbeiter sogar die Führung übernimmt, und davon, wie Kollegen solche Gespräche glatt hinbekommen.
Und all das auf Augenhöhe. Gelernt haben wir von allen.